„Auf eine Fahrt mit …“ heißt das neue Gesprächsformat von Innsbruckläuft, das viermal jährlich zwei besondere Menschen einlädt um über Themen die beide verbinden zu sprechen. Uschi Schwarzl (Verkehrsstadträtin , VizeBgm.) und Martin Baltes (GF IVB, Raumplaner) haben wir für die erste Ausfahrt getroffen.

Die Wiener Linien stellen laut Medienberichten den öffentlichen Verkehr langsam auf E-Mobilität um und experimentieren auch mit Wasserstoffantrieben. Wie weit sind die Betreiber in Innsbruck?

Uschi Schwarzl: Dazu gibt es eine politische Vorgabe aus Brüssel, die Clean-Vehikel-Direktive, die ab 2021 vorschreibt, dass mindestens 45 Prozent der Busse bei öffentlichen Aufträgen einen alternativen Antrieb besitzen müssen. Ab 2030 gilt dann eine Quote von 60 Prozent.

Martin Baltes: Die Direktive gilt für alle öffentlichen Betreiber in Europa. Wir bereiten uns mit dem Verkehrsverbund darauf vor und haben ein neues Projekt mit dem Namen Dekarbonisierung begonnen. Für die Linien, die wir zu betreiben haben, reichen die Reichweiten der Fahrzeuge, die mittels Batterietechnologie laufen, bei weitem noch nicht. Die Wiener Linien haben einige dieser Fahrzeuge bestellt und betreiben mit kleinen Batteriebussen eine Linie. Es gibt in Österreich nur wenige Linien, deren große Busse tatsächlich mit Batteriebetrieb funktionieren würden. Was funktioniert sind hingegen Oberleitungsbusse und hier experimentieren auch die Salzburger Kollegen erfolgreich mit einer Linie, die zu einem Teil über die Oberleitung läuft und zum anderen Teil mit Batterie. Wasserstoff funktioniert auch, aber ist noch sehr teuer in der Herstellung, in der Speicherung und im Betrieb.

 

Welche alternativen Antriebe machen Sinn für Innsbruck?

Baltes: Die erste Stufe des Projektes – eine Analyse der Technologien, die uns zur Verfügung stehen – ist abgeschlossen. Nun folgt der Check auf welcher Linie was sinnvoll ist und welche Synergien man dafür nutzen könnte. Bisher hatte jeder Betreiber eine Tankstelle und konnte mit seinen Bussen fahren, die neue Technologie wird jedoch so teuer sein, dass das nicht mehr geht. Eine Ladeinfrastruktur, die auch von allen genutzt werden kann, ist sehr aufwändig und muss gut geplant sein. Das Schöne ist, dass es diese Überlegungen auch in anderen Unternehmen gibt und die jeweiligen Erkenntnisse auch allen zur Verfügung stehen.

Schwarzl: Was man nicht vergessen darf ist, dass wir mit der Eröffnung der neuen Straßenregionalbahn im letzten Jahr und ihrem Weiterbau Richtung Völs und Rum bereits ein großes E-Mobility-Projekt haben. Innsbruck ist aufgrund der topografischen Verhältnisse für die Verkehrsplanung kein leichtes Testfeld, man wird in den Steigungen nicht das gleiche Gerät einsetzen können wie in der Ebene und für Überlandbusse funktioniert etwas anderes als für die Kurzstrecke. Demnach wird es ein Mix sein müssen, wobei nicht nur die Frage der Fahrzeuge eine technische und finanzielle ist, sondern auch der Infrastruktur.

Derzeit haben wir in ganz Österreich dieselbasierte Werkstätten und Garagierungen und so wird über eine Zeit eine doppelte Infrastruktur geboten werden müssen. Das ist für die Städte eine große Herausforderung, die ohne EU und ohne Bund nicht schaffbar ist.

 

Wann werden die ersten alternativen Antriebe durch Innsbruck fahren?

Baltes: Also realistisch betrachtet wird es zwischen drei und fünf Jahre dauern, so lange braucht man auch für Genehmigungsverfahren, technische Einreichung, Prüfberichte und Ausschreibungen von diesen Fahrzeugen, die in diesen Mengen derzeit am Markt noch gar nicht vorhanden sind. Die Umstellungsphase ist von der EU ganz gut vorbereitet. Es gibt eine Revisionsklausel, dann werden Fristen neu gelegt, wahrscheinlich abhängig von den ersten Erfahrungen.

Schwarzl: Als Verkehrsstadträtin kann ich nur dafür sorgen, dass die richtigen Leute am richtigen Ort zusammenarbeiten. Es gibt immer wieder Meetings mit Experten von außen, die uns beraten, die Aufgabe der öffentlichen Hände ist die Finanzierung und dafür kämpfen wir bei den anderen Gebietskörperschaften.

 

Das E-Bike wird als Fahrzeug auch für Pendler aus dem Umland zunehmend interessant. Welche neuen Anbindungen werden dafür geschaffen?

Schwarzl: Wir arbeiten an einem Radmasterplan, der nicht vor der Stadtgrenze Halt macht. In der Pipeline ist eine Radanbindung Aldrans-Vitalregion, dort gibt es schon den Radweg. Bei manchen Radwegen wird es schneller gehen, bei anderen sind Grundstücke einzulösen. Natters hoffe ich 2021 umzusetzen, in Aldrans-Lans gibt es schon konkrete Vorstellungen, die wir hoffentlich noch in dieser Periode realisieren werden können. Wichtig sind ganzjahrestaugliche Radwege, sonst steigen die Leute im Winter wieder auf das Auto um. Sinnvoll sind Radwege, die möglichst entlang schon vorhandener Infrastruktur führen.

 

Innsbruck gilt als Kongress- und Veranstaltungsstadt. Nach unserer Erfahrung reisen viele Gäste jedoch noch immer individuell an, weil es bequemer ist. Welche Ideen haben Sie, damit Konzepte wie Mitfahrbörsen attraktiver werden?

Baltes: Dazu habe ich kürzlich einen Artikel gelesen, in dem es hieß die Pariser Bürgermeisterin bereite ihre Kandidatur mit einem Programm vor: sie sagt sinngemäß, die Stadt gehört den Menschen die da leben und nicht den Autos, die da stehen. Interessanterweise geht auch die Opposition nicht in Opposition bei diesem Thema – es gibt einen großen Konsens, wie man sich zu verhalten hat in der Stadt. Solange so ein Konsens nicht da ist und nicht motiviert ist, ist es schwer, dem Einzelnen klar zu machen:„Du musst dich jetzt anders verhalten als du es gewohnt bist.“ Die Veranstalter gehen Kooperationen mit uns ein und wir erleben viele Läufer mit Startnummern in unseren Fahrzeugen, viele aus dem Umland schreckt es ab, weil sie es als unbequem empfinden. Das verstehe ich schon, aber ist das für eine Stadt auf Dauer verträglich?

 

Welche Verantwortung müssten die Veranstalter übernehmen?

Baltes: Wir haben immer mehr Diskussionen mit Veranstaltungen, die dort verlaufen, wo die Öffis fahren sollten. Ich orte noch keinen Konsens in der Gesellschaft, wie man sich zu verhalten hat. Wenn es zum Beispiel eine große Faschingsveranstaltung gibt, muss doch erst mal dafür gesorgt werden, dass die Leute mit den Öffis hin- und zurückkommen. Es soll doch nicht umgekehrt sein, dass die Veranstaltung alles, auch den Öffentlichen Verkehr, blockiert. Welches Signal gebe ich damit den Gästen?

Danke für das Gespräch!

 

Faktencheck zum Thema Öffentlicher Verkehr des Zukunft

Unsere nächste Ausfahrt mit Norbert Adlassnig (Marketingleiter der Tiroler Tageszeitung) und Reinhard Kessler (Tiroler Leichtathletik Verband Präsident, Querdenker)  hatten wir für April geplant, damit müssen wir aufgrund der aktuellen Covid-Bestimmungen in Tirol leider zuwarten.

vorheriger Artikel nächster Artikel